Chemie-Lügen, 09.04.2017
Im Juli 2012 gab der damalige Sprecher des syrischen Außenministeriums Jihad Makdissi eine Pressekonferenz, in der er über chemische Kampfstoffe Syriens sprechen sollte. Er sollte deren tatsächliche Existenz im Unklaren lassen und hat – buchstäblich im ersten Satz - seinen Auftrag gründlich vermasselt. Dieser Faux Pas hatte weitreichende Folgen. US-Präsident Obama sprach von einer "Roten Linie", die nicht überschritten werden dürfe, ein Jahr später war eine Kommission internationaler Experten für chemische Kampfstoffe in Damaskus – Makdissi verließ das Land und schloss sich der "Moskauer Opposition" an.
Und genau zu der Zeit, als die internationalen Experten in Damaskus ihre Arbeit aufnahmen, gab es den Giftgasangriff von Ghouta, einem Ort im Gouvernement Damaskus. Die Zahl der Opfer steht nicht fest, genannt werden Zahlen von 280 aber auch 1730 Todesopfern.
Muss man erwähnen, dass die syrische Regierung wie immer und ohne jede Untersuchung durch NATO und Golfstaaten zum Schuldigen erklärt wurde? Heute kann der Vorwurf als widerlegt gelten, nicht zuletzt dank einer umfangreichen Analyse, die Seymour Hersh im Dezember 2013 veröffentlichte. Doch der Angriff konnte zum Vorwand gemacht werden - das US-Militär sollte unmittelbar in den Krieg gegen Syrien eingreifen.
Die russische Föderation fand einen Kompromiss. Der direkte Krieg der USA gegen Syrien wurde aufgeschoben, die chemischen Waffen Syriens wurden unter internationaler Kontrolle vernichtet und am 4. Januar 2016 bestätigte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen, dass die Vernichtung aller von Syrien deklarierten Chemiewaffen abgeschlossen sei.
Nicht abgeschlossen waren die Vorwürfe, die syrische Armee setze chemische Kampfstoffe ein – obwohl sie vernichtet waren. Doch IS und al-Nusra arbeiteten an der Herstellung chemischer Waffen und setzten sie auch ein. Selbst US-Geheimdienste waren sich bewusst, dass al-Nusra möglicherweise Zugang zu Sarin hatte.
2014 gab es Berichte über den Einsatz von chemischen Waffen durch den IS gegen Kurden. 2016 berichtete die Deutsche Welle über einen Chemiewaffen-Angriff der Terrormiliz 'Islamischer Staat' im Norden Syriens und im März dieses Jahres gab es einen Giftgasangriff des IS in Mosul.
Zuvor schon berichtete eine Untersuchungskommission des irakischen Parlaments, der IS arbeitet sehr ernsthaft daran, chemische Kampfstoffe produzieren zu können.
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