Rede vom Bündnis gegen den imperialistischen Krieg anlässlich des

12. internationalen Symposiums gegen Isolation, 26. Februar bis 1. März 2015, Beirut

 

Liebe Genossen

Liebe Freunde

 

Es ist eine grosse Ehre für unser Bündnis gegen den imperialistischen Krieg, an diesem Symposium sprechen zu dürfen. Diese Ehre wird um so grösser, wenn wir uns bewusst machen wo wir uns befinden: Beirut, der Libanon, Syrien und Palästina tragen eine jahrtausendelange Tradition von Frieden und Toleranz. Gestört wurde und wird dieser Friede von aussen und zwar immer wieder aus einer Richtung, nämlich aus den USA, Europa, den NATO Staaten und selbstverständlich dem zionistischen Israel, welches wir als militärische Bastion des Imperialismus in der arabischen Welt sehen. 1948 wurde der zionistische Staat offiziell gegründet. Ein Unrecht, wie wir alle  wissen. 1949 folgte ein zweites Unrecht gegen die Völker der Welt, nämlich die Gründung der NATO.

Natürlich hängen diese beiden Ereignisse miteinander zusammen und sie führen uns direkt zu dem Thema, zu welchem ich heute zu euch sprechen will.

Wir sprechen über die Brennpunkte der Region heute – und wir wollen uns Mühe geben, Dinge richtig zu benennen. Nein, wir sprechen nicht von Jerusalem – wir sprechen von al Quds. Nein, wir sprechen nicht von Kobane – wir sprechen von Ain al Arab. Und ja, Namen tragen dazu bei, Verwirrung oder Klarheit zu stiften.

...Und wenn das alles wäre womit sie uns zu verwirren suchen, könnten wir uns glücklich schätzen. „Sie“? Wer sind „sie“?

Sie“, das sind die imperialistischen Kräfte des Nordens und des Westens, namentlich die USA, die NATO Staaten, Israel, Schweiz und ein eine Handvoll Vasallen verstreut über alle Kontinente. Ihnen allen ist gemein, dass sie den syrischen Staat zersetzen und schlussendlich zerschlagen wollen. Ein direkter Angriff gegen Syrien ist derzeit für die Aggressoren aus verschiedenen Gründen nicht machbar, u.a auch deswegen, weil der Iran, Russland und China sehr wohl erkannt haben, was für sie auf dem Spiel steht. Ein zerstückeltes und zerstörtes Syrien analog zu Irak und Libyen kann nur als Aufmarschgebiet gegen Iran und schlussendlich gegen Russland und China interpretiert werden.

Die Aggressoren greifen nun, da ihnen direkte Angriffe vor allem durch Russland verunmöglicht werden, zu anderen Mitteln. Schon vor den Ereignissen von 2011 wird die syrische Regierung und ihr Präsident Dr. Bashar al Assad verunglimpft und verleumdet. Die Opposition gegen eben diese Regierung wird in den höchsten Tönen gelobt und gefördert. Nun aber geschehen seltsame Dinge: Noch bevor sich, wie vom Westen gewünscht, ein bewaffneter Widerstand bilden kann, tritt die Regierung mit der Opposition in Dialog – mit dem Resultat, dass in so gut wie allen Punkten eine Einigung erzielt werden kann. Die zweifellos bestehenden Konflikte konnten also auf politische und friedliche Art gelöst werden. Dies allerdings war überhaupt nicht im Sinn der NATO und ihrer Verbündeten. Die NATO, die USA und die mit ihnen verbandelten Öloligarchien, allen voran Saudi Arabien und Qatar, begannen nun, vor allem via Türkei, bezahlte, bewaffnete und zum Teil bestens ausgebildete Söldnerbanden nach Syrien einzuschleusen. Diese Infiltration dauert bis zum heutigen Tag an.

Die von Europa und den USA via Qatar und Saudi Arabien bezahlten und ausgerüsteten Todesschwadronen wurden von allem Anfang an mit einer doppelten Ideologie gegen Syrien gehetzt: Einerseits als scheinbar säkulare, gleichwohl bewaffnete Kraft gegen die Regierung von Damaskus. Diese Angriffe sind gescheitert. Seitdem werden von den USA und den NATO Staaten fanatisierte und entmenschlichte Banden eingesetzt, die fälschlicherweise „Gotteskrieger“ oder „Islamisten“ genannt werden.

Wenn wir von dem Prinzip der Nichteinmischung ausgehen, dann können uns diese scheinislamistischen oder scheinbar fortschrittlichen Mörderbanden keineswegs gleichgültig lassen. Diese haben ihre Wurzeln nämlich nicht in den von ihnen heimgesuchten Ländern.Vielmehr entstehen diese konterrevolutionären Bewegungen in den think tanks  des Pentagon und in den Geheimdienstzentren der imperialistischen Welt. Wir behaupten nun keineswegs, jeder religiös motivierte anti- imperialistische Widerstand sei von vornherein vom Imperialismus initiert. Gruppen wie die Hizbullah im Libanon sind ganz bestimmt integre Widerstandskämpfer. Dies steht nicht im Widerspruch zu der These, dass sich in unseren Tagen Faschismus und Zionismus unter dem Deckmantel des Islam, zum Teil auch unter dem Deckmantel eines scheinbar fortschrittlichen kurdischen Nationalismus in die Köpfe der Menschen, auch in die Köpfe linker Menschen einschleichen.

All das erscheint furchtbar kompliziert und natürlich ist auch dies ein Teil des imperialistischen Plans. Die Köpfe der Menschen sollen dermassen verwirrt werden, dass ein klares Denken und eine stichhaltige Analyse kaum mehr machbar erscheinen. Das ist eine Falle. Wir wollen nicht über Gebühr vereinfachen, dennoch schlagen wir vor, mit zwei leicht nachvollziehbaren Fragen  zu arbeiten um so möglicherweise Klarheit zu bekommen:

1.     Frage: Was ist Imperialismus?
Spaltung, Zersetzung und schliesslich Zerstörung sind seit je her die Kerngeschäfte des Imperialismus und des Zionismus. In unserem Fall bedeutet dies konkret: Mit offenen Augen und unmittelbar sehen wir zu, wie der Imperialismus ein blühendes Land nach dem anderen dem Erdboden gleichmacht. Menschen werden nicht zu Hunderten, nein zu Tausenden, ja zu Millionen hingemordet. Erwähnt seien  Afghanistan, Jugoslawien, Libyen, Irak stellvertretend für viele andere. Gemeinsam ist all diesen vom Imperialismus angegriffenen Ländern: Sie beugen sich dem imperialistischen Diktat nicht. Allein das ist ausreichend für Sanktionen, Hungerblockaden und schlussendlich für offene Angriffe.
Diese offenen Angriffskriege des Imperialismus sind den Menschen relativ einfach zu vermitteln. Trotzdem ist es äusserst schwierig geworden, die Menschen in den imperialistischen Ländern gegen diese offensichtlichen Verbrechen des Imperialismus zu mobilisieren. Ergo ist es um so schwieriger, die nicht weniger schlimmen verdeckten Verbrechen des Imperialismus öffentlich zu machen. Gründung und Unterstützung von Terrormilizen wie dem IS sind zweifellos ebenso ein imperialistisches Verbrechen wie ein offener Angriff. Die Unterstützung und Bewaffnung von Kurden im Irak ist ein imperialistisches Verbrechen und hat mit den berechtigten Forderungen der Kurden in der Türkei nicht das geringste zu tun. Wer nun den Kopf schüttelt, möge sich selbst doch bitte die folgende Frage beantworten: Wann in der Geschichte wurde jemals ein Befreiungskampf mit Hilfe der Imperialisten gewonnen? Solche Koalitionen sind entweder selbstzerstörerisch oder von Beginn an ein Verrat.

2.     Frage: Was ist Revolution?
Die Begriffe Revolution und revolutionärer Kampf werden von den imperialistischen Medien instrumentalisiert. Im Fall der Kurden ist die Sachlage relativ klar: Die Unterstützung und Bewaffnung durch die imperialistischen Mächte wird von niemandem bestritten. Auf einen Aufschrei der kurdischen Parteien und Gemeinden in Europa gegen diese zionistische und imperialistische Unterwanderung warten wir bis heute vergebens. Im Gegenteil wird denjenigen, die darauf hinweisen, „Entsolidarisierung“ und „Verrat“ an der kurdischen Sache vorgeworfen.
Weniger offensichtlich verhält es sich mit der zionistischen und imperialistischen Unterstützung des IS: Anders als bei der offenen Unterstützung der Kurden durch die imperialistischen Mächte erfolgt die Finanzierung und Bewaffnung dieser Todesschwadronen eher verdeckt. Trotzdem ist klar ersichtlich, welcher Deckel zu welchem Topf passt: Die USA und Europa pflegen beste wirtschaftliche und militärische Beziehungen mit Qater und Saudi Arabien. Qatar und Saudi Arabien unterstützen die in Syrien und Irak operierenden Todesschwadronen direkt. Dieselben Todesschwadronen besetzen Ölfelder im Norden Syriens. Das Öl, welches sie dort rauben, verkaufen sie an oder über die Türkei. Die verletzten Kämpfer der Todesschwadronen werden auf die israelische Seite gebracht und dort gepflegt. Waffen und Kämpfer gelangen über die von Israel besetzten Golanhöhen, unter den Augen der UN Soldaten und unter den Augen der Israelis, zurück nach Syrien. Gleiches geschieht im Norden des Landes unter den Augen der türkischen Armee. Sowohl die Waffen als auch die Kämpfer sind für die Banden des IS bestimmt. Wer solche Verbrechen unter dem Begriff „Revolution“ apostrophiert denkt und handelt konterrevolutionär. Revolution ist Widerstand gegen den Imperialismus oder es ist keine Revolution.

Ich ziehe ein Fazit und komme zum Schluss:

Im globalen Kontext gibt es für Europa, die NATO und die USA, für die imperialistischen Mächte also, Schlüsselstaaten. Mexico und die Türkei gehören ohne Zweifel ebenso zu diesen Schlüsselstaaten wie die gesamte arabische Region. Mittels Militärbasen und subversiven Kriegen versuchen die genannten imperialistischen Mächte die Völker weiter einzukesseln und zu beherrschen. Nicht nur in den beiden aktuell betroffenen Ländern Syrien und Irak leben die Menschen seit jeher in einer multiethnischen, multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft zusammen. Und nun soll plötzlich, wie aus dem Nichts heraus, all das auseinander brechen? Schiiten können nicht mehr mit Sunniten zusammen leben, Sunniten halten die Christen nicht mehr aus und die Christen können unmöglich mit den Kurden an einem Tisch sitzen. Woher bitte soll all diese Blödsinn kommen, wenn nicht von aussen? Wessen Interesse wird da befördert, wenn nicht das Interesse des Imperialismus?

Dass all dies fatal an das Szenario von Jugoslawien erinnert, scheint niemanden aufzufallen. Auch in Jugoslawien wurde von den NATO Killern ein mörderischer Krieg losgetreten, damals mit dem neu kreierten Slogan „R2P“ (Responsebility to Protect – Verantwortung zu schützen). Auch aktuell wollen sie uns weismachen, es ginge um „Schutz“: In Ain al Arab sollen die Kurden geschützt werden, im übrigen Syrien das syrische Volk und im Irak, je nach politischer Konjunktur, die Kurden, die Schiiten, die Sunniten oder auch mal die Christen.

Es sind alles dieselben alten Lügen.

Unser Bündnis gegen den imperialistischen Krieg arbeitet vornehmlich in Europa. Aus Europa kommt die Aggression und der Krieg. Wir erachten es als unsere Hauptaufgabe, die Menschen in Europa über die Lügen des Systems aufzuklären. All zu viele – auch Genossen von uns – lassen sich von der imperialistischen Propaganda Sand in die Augen streuen. Dies erschwert oder verunmöglicht eine integre, einheitliche und solidarische politische Arbeit. Solidarität ist internationale Solidarität gegen Imperialismus und Krieg, oder es ist keine Solidarität.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit.