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Medico International, 27.11.2017

Im November 2017 verlangt medico international wenigstens "minimale Gerechtigkeit" in Syrien und fordert zur Unterstützung von Anwälten und politischen Gefangenen in Syrien auf. Dieser Aufruf reiht sich in das bekannte Muster früherer Aufrufe ein, die unterschwellig immer wieder zum Regime Change aufrufen. Diesmal geht medico sogar noch einen Schritt weiter:
"Politische Gefangene sind in Syrien all jene, die sich in Opposition zum Assad Regime geäußert haben oder für eine zivilgesellschaftliche und demokratische Alternative einstehen." Wer gegen Assad ist oder für eine zivilgesellschaftliche und demokratische Alternative ist also politischer Gefangener? Das ist ungewöhnlich, sind doch alle Terroristen des IS und von al-Nusra auch gegen Assad. Und tatsächlich meint es medico genauso und schreibt: "oft sind Anklagen (meist Unterstützung einer terroristischen Organisation) willkürlich erfunden." – oft sind die Anklagen also auch nicht erfunden.

Die Haltung von medico International in diesem Krieg ist nicht neu.

Vor vier Jahren hieß es, die Zahl der Toten in Syrien sei auf 150.000 gestiegen, und medico international veröffentlichte auf seinem Blog ein Video syrischer Aktivisten, das in der Schlagzeile gipfelte: "Assad hat 150.000 getötet – haltet ihn auf."

Diese Schlagzeile war offensichtlich einfältig. In einem Krieg oder Bürgerkrieg tötet nicht nur eine Seite – aber für medico ist "Assad" allein für jeden einzelnenToten verantwortlich.

Zuvor veröffentlichte medico gemeinsam mit Adopt a Revolution den Aufruf "Freiheit braucht Beistand". Es wird darin das Bild einer syrischen Märchenwelt gemalt, in der täglich hunderte friedliche Demonstrationen stattfinden und zugleich "das Regime" religiöse Hetze betreibt.

Die AG Friedensforschung veröffentlichte damals einen lesenswerten Artikel von Mohssen Massarrat, der diesen Aufruf kritisierte. Massarrat fragt, ob die Fokussierung von medico auf das – wie er es nennt - Assad-Regime - mit dem Wunsch der Kurden in Syrien zu tun habe, die nichts gegen eine militärische Intervention der NATO hätten, wenn dadurch "das Regime" fallen würde.

Medico positioniert sich in Solidarität mit einer der Konfliktparteien, den Kurden. Und so stand hinter den hehren Worten "Wir hoffen weiterhin auf eine friedliche Lösung…" einfach der Wunsch von medico international nach Regime-Change. Wenn nur nicht die "Selbstblockade im UN-Sicherheitsrat" wäre.

So vertritt medico international im Falle Syriens die Politik auch der deutschen Regierung und der sogenannten "Freunde Syriens". Dafür braucht es nicht die Millionenförderung aus öffentlichen Geldern – die es durchaus gibt, mit 5,6 Millionen allein im Jahr 2016. Es ist eine vielmehr eine strukturelle Nähe, die keiner besonderen Belohnung bedarf.

Die Analyse von Mohssen Massarrat hat sich bestätigt: Die kurdischen Einheiten haben mit Unterstützung der US-Luftwaffe und Artillerie und 2000 US-Soldaten vor Ort weite Gebiete im Norden Syriens besetzt, wie zuletzt in Raqqa. Für den Regime-Change hat es nicht gereicht. Aber es reicht, um den Wiederaufbau Syriens zu stören.

Nun fordert medico wenigstens minimale Gerechtigkeit in Syrien und die Unterstützung von Anwälten und politischen Gefangenen. Wichtig ist dabei das Kleingedruckte:

"Die Anwälte versuchen Entlastungszeugen zu finden oder belastende Zeugenaussagen zu widerlegen, um eine Strafmilderung oder Freilassung durch Kaution zu erreichen. Denn oft sind Anklagen (meist Unterstützung einer terroristischen Organisation) willkürlich erfunden. Daher besteht in solchen Fällen eine kleine Chance durch gute Recherche und Zeugen die Vorwürfe zu widerlegen."

Mitten im Krieg, in einem zerstörten Land können Anwälte Entlastungszeugen finden, Anklagen widerlegen? Das ist gut, oder?

Auch die vielen Gefängnisinsassen in Syrien, die wegen wirklicher Unterstützung einer terroristischen Organisation angeklagt sind haben das Recht auf eine angemessene Verteidigung. Die Zustände in syrischen Gefängnissen wurden auch in syrischen Medien kritisiert.

Umso wichtiger ist es, für eine politische Lösung des Konflikts einzutreten. Und das heißt auch, ein Ende der Unterstützung für die bewaffneten Feinde Syriens. Medico international dagegen träumt weiter vom Regime-Change - der nur die totale Zerstörung des Landes bringen würde.



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