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Konferenz in Istanbul und Antakya,27.04.2013

Konferenz in Istanbul und Antakya Vom 25. bis 29. April fand in Istanbul und Antakya eine Konferenz des Weltfriedensrats statt unter dem Titel: Die Völker wollen Frieden. Teilnehmer des Kongresses waren Aktivisten und Vertreter von Gruppen aus Palästina, Jordanien, Libanon, Syrien, Iran und einer Vielzahl von weiteren Ländern. Das Thema der Konferenz war natürlich Syrien und ich finde es toll, dass die Konferenz gerade in dem Land organisiert wurde, das eine so unselige Rolle im Konflikt um Syrien spielt.

Die Teilnehmer der Konferenz unterstützen Syrien und seine Regierung gegen den Angriff der NATO, der Golfstaaten und ihrer Söldner. Und darüber hinaus gab es interessante Diskussionen, auf die ich an anderer Stelle eingehen werde. Hier ist der Text meines Beitrags auf der Konferenz auf Deutsch (original auf Englisch).

Ich danke den Organisatoren der Konferenz, dem Weltfriedensrat und der türkischen Friedensgesellschaft. Und ich danke euch allen für eure Teilnahme. Ich empfinde es als Auszeichnung, dass ich hier sein kann.

Menschen aus ganz unterschiedlicher Herkunft arbeiten im Frankfurter Solidaritätskomitee für Syrien zusammen. Bevor ich mit meinem eigenen Beitrag beginne, möchte ich euch sagen, dass wir eine offizielle Grußadresse mit den besten Wünschen für einen erfolgreichen Verlauf an diesen Kongress geschickt haben. Sie wird mit den Dokumenten zum Kongress veröffentlicht werden.

Ich möchte nun gern ein paar persönliche Bemerkungen zur Frage von Krieg, Frieden und dem antiimperialistischen Kampf machen, aus einer sehr deutschen Sicht.

Basierend auf persönlicher Erfahrung werde ich über eine globale Machtverschiebung sprechen; weiter über den Imperialismus und Syrien. Anschliessend einige Bemerkungen zur Friedensbewegung in Deutschland. Dann ein paar verzwickte Fragen zu Syrien. Und zum Schluss einige Bemerkungen darüber, wie wir unsere Arbeit verbessern können.

Globale Machtverschiebung

Als ich jung war, hielten wir unsere Kongresse in Paris ab. Frankreich war das Zentrum der Arbeiterbewegung und Paris war eine aufregende Stadt.

Jetzt haben sich die Dinge geändert. Wir treffen uns in Istanbul, und selbst wenn eigentlich alles ganz anders ist, als früher, hatte ich ein bisschen das gleiche Gefühl einer gespannten Erwartung, als ich nach Istanbul kam, wie in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, als ich an einem Kongress zum 100. Jahrestag der Pariser Commune teilnahm.

Dieser Kongress findet in Istanbul statt, weil es vorrangig um Syrien und die besondere Rolle der türkischen Regierung in diesem Konflikt geht. Und es steckt noch mehr dahinter: es ist ein Ausdruck davon, dass es weltweit Veränderungen gibt. Neue Mächte tauchen auf der internationalen Bühne auf: Brasilien, vielleicht die Türkei, Indien, Russland hat ein comeback, und dann gibt es natürlich China. Neue Mächte erscheinen und die alten Mächte verlieren an Einfluss. Ich meine, wir sehen gerade die Anfänge des Niedergangs, nicht des Imperialismus, sondern des US-Imperialismus. Und der Konflikt, über den wir hier reden, der Konflikt um Syrien und der potentielle Konflikt um Iran, muss in diesem Zusammenhang gesehen werden.

Der Krieg gegen Syrien – und es ist ein Krieg, kein Bürgerkrieg – ist eine Konsequenz des sogenannten Arabischen Frühlings. Und es ist ein weiterer Schritt hin zu weiteren Kriegen zur Umgestaltung des Nahen Ostens. Und dieser Krieg ist Teil eines globalen Machtkampfes.

Der Imperialismus und Syrien

Der Weltfriedensrat spricht über den Imperialismus und die Vorwände, die er für seine militaristische Politik benutzt. Gerade heute ist das offensichtlich und deutlich. Ich spreche natürlich von Syrien.

Wenn wir die Zahlen betrachten, finden wir einen klaren Zusammenhang zwischen der Menge an Waffen, die über die Türkei nach Syrien geliefert werden und der Zahl der Menschen, die getötet werden. Je mehr Waffen geliefert werden, umso mehr Menschen werden getötet. Natürlich gibt es diesen Zusammenhang, denn Waffen dienen ja dazu, Menschen zu töten.

Der Imperialismus ist nicht dumm. Alles ist einfacher, wenn die Aktionen des Imperialismus Unterstützung finden, deshalb benutzt er Vorwände für seine Aktionen. Klugerweise benutzt er Vorwände, die auf realen Problemen basieren.

Wenn wir Syrien anschauen: da hat es eine Menge Probleme gegeben. Korruption, Intransparenz, ein Sicherheitsapparat, der nicht immer unter Kontrolle stand, die Baath-Partei und vieles andere.

Aber wenn wir nur die Probleme Syriens betrachten können wir die syrische Gesellschaft und ihre nach wie vor bestehende relative Stabilität nicht verstehen und erklären. Die syrische Gesellschaft umfasst viel mehr als nur Probleme.

Die westlichen Medien berichten natürlich nur über die Probleme, um uns den Krieg zu verkaufen, und sie sind erfolgreich damit. In Deutschland ganz besonders erfolgreich.

Die Friedensbewegung in Deutschland

In Deutschland haben wir wirklich eine Medienkampagne gegen Syrien – und sie begann am allerersten Tag der Ereignisse. Die veröffentlichte Meinung bestimmt ein Klima, in dem es schwierig ist, zu argumentieren. Denn alle Medien tanzen nach der selben Pfeife. Einige Gruppen und Parteien haben eine kritische Sicht auf die Geschehnisse in Syrien und folgen nicht den Vorgaben der Mainstream-Medien: Teile der Partei "Die Linke", Gruppen wie die "Freidenker", die DKP, Medien wie die "junge Welt" und "Neues Deutschland", einige Weblogs natürlich und Teile der Friedensbewegung, wie zum Beispiel der "Friedensratschlag", der wenigstens Informationen und Diskussionen in einem breiten Spektrum anbietet. Außerdem gibt es Gruppen der syrischen Gemeinde, die sehr aktiv sind.

Aber viele Menschen und besonders im linken Spektrum kümmern sich nicht so sehr um Syrien und die weitverbreitete Meinung ist: "Ich mag die NATO nicht und hasse Assad. Lass mich bloß mit diesem Gemetzel in Ruhe..." Und viele würden eine sogenannte "Humanitäre Intervention" unterstützen oder sie sogar verlangen.

Lange Zeit hatten sich Menschen, die Syrien unterstützen wollten, recht isoliert gefühlt.

Vertrackte Fragen

Jetzt zu einigen vertrackten Fragen, soweit es die Diskussion in Deutschland betrifft.

Wir verteidigen Syrien gegen den Imperialismus. Dann ist doch die Frage: Welches Syrien verteidigen wir? Verteidigen wir Korruption, Sicherheitsapparat, Seilschaften? Sicher nicht – wir verteidigen die Bevölkerung. Aber dann ist doch die nächste Frage: können wir unterscheiden zwischen den Menschen, die wir verteidigen, und den dunklen Seiten Syriens, die wir möglicherweise nicht verteidigen wollen?

Ich denke, das sind wichtige Fragen und wir sollten der Diskussion darüber nicht ausweichen, nur weil die Angreifer die dunklen Seiten Syriens als Vorwand für ihre Aktionen benutzen.

Ganz im Gegenteil.

Wir sehen doch, dass die imperialistischen Mächte genau die Art von Problemen überhaupt erst erzeugen, die sie mit einer "Humanitären Intervention" angeblich lösen wollen.

Wir wissen, wie man das Blutvergießen beenden kann: Hört auf, Geld, Untersützung und Waffen an die Teroristen zu liefern.

Und wir kennen die Ergebnisse sogenannter Humanitärer oder anderer Interventionen – wir müssen uns nur umschauen.

Wenn Saudi-Arabien, Qatar und die NATO Waffen, Geld und jede Art von Unterstützung an die Jihadisten liefern, wollen sie natürlich nicht die Demokratie in Syrien unterstützen. Wer das immer noch glaubt, sollte nur nach Afghanistan, Libyen, Mali und vielleicht auch andere Länder schauen.

Ich glaube, wir können ein starkes Argument vertreten: Ausländische Intervention tötet jede Demokratiebewegung.

Die meisten Menschen in Syrien wollten Veränderungen zum Besseren. Und sie wollten Änderung in Stabilität, nicht in Chaos und Blutvergießen. Im Sommer 2011 haben Millionen Menschen in Syrien ihre Unterstützung für ein umfassendes Reformprogramm der Regierung ausgedrückt.

Natürlich unterstützen wir eine offene Zivilgesellschaft, die den Wünschen der syrischen Bevölkerung entspricht. Und um diesem Ziel auch nur einen Schritt näher zu kommen, müssen wir zuerst und vor allem die Aggression stoppen. Und wir dürfen auch nicht die Aktionen von Hardlinern ignorieren, die vielleicht immer noch ihre Privilegien behalten wollen. Und ich meine, wir sollten alle Entwicklungen unterstützen, die zu einer offeneren Gesellschaft in Syrien führen. Und zwar auf der Grundlage des Dialogs, wie ihn die Regierung schon lange anbietet.

Ausländische Intervention tötet jede Demokratiebewegung – und wir wissen, dass einer der Gründe für die imperialistische Aggression genau der ist, eine unabhängige und offene Gesellschaft in Syrien zu verhindern, die immer noch den Widerstand unterstützen würde. Wir müssen unsere Arbeit verbessern.

Langsam ändern sich die Dinge auch in Deutschland. Vor zwei Jahren hatte ich das Gefühl, ich wäre der einzige, der gegen diesen Medienkrieg und den wirklichen Krieg war. Jetzt wird die Arbeit allmählich einfacher. Es gibt mehr Diskussionen und sogar Aktionen in Deutschland, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns.

Am wichtigsten in unserer politischen Arbeit ist meiner Meinung nach, dass wir Gruppen ansprechen, die noch nicht aktiv sind oder die jede Aktion fürchten, weil sie befürchten, als Unterstützer von Assad abgestempelt zu werden. Wir können nicht abwarten, bis sie zu uns kommen. Wir müssen auf sie zugehen und versuchen, ein Netzwerk zur Unterstützung Syriens aufzubauen. Aus vielen Gründen stehen wir in Deutschland hiermit noch ganz am Anfang.

Istanbul

Für mich ist es hier in Istanbul sehr erfreulich und erfrischend, in einer Umgebung zu sein, wo man den Kampf gegen die imperialistische Aggression so offen und selbstverständlich diskutieren kann. Und ihr werdet mir nachsehen, wenn ich meine Hoffnung ausdrücke: dass wir in zwei oder drei Jahren eine solche Konferenz in Damaskus haben werden!



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